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Martin Thomas Pesl – Autor, Übersetzer, Sprecher und Lektor

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Martin Thomas Pesl – Autor, Übersetzer, Sprecher und Lektor

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THIS CHRISTMAS – Anstatt der obligaten Weihnachtswünsche

December 23, 2014 Martin Pesl
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Frohes Fest! © Martin Thomas Pesl

This Christmas


Liebe Homepagebesucherin, lieber Homepagebesucher!

Ich mache es mir leicht. Anstatt Sie alle einzeln anzuschreiben und Ihnen jeweils ganz individuell mitzuteilen, welches Attribut Ihre Feiertage meinem Wunsch zufolge haben sollen und welche Rutschqualität auf einer Skala von gut bis gut ich Ihnen gönne, lasse ich Sie ganz pauschal an ein bisschen Nostalgie teilhaben. 

Es war 2009, die Nullerjahre gingen zu Ende. Für eine Weihnachtsfeier der STUTHE wurde ich beauftragt, ein kurzes Stück zu schreiben. Ich tat dies, es gab eine Lesung, die Leute lachten, und das Stück geriet aufgrund seines brandheißen Zeitbezugs gar bald in Vergessenheit. Hier ein Auszug anlässlich des fünfjährigen Bestehens von „This Christmas“. Fröhliche Weihnacht.

Martin Thomas Pesl


Harald öffnet die Tür. Davor steht George, in einen ärmlichen Mantel gewickelt und mit einer Pelzmütze auf dem Kopf. Die anderen beiden verfolgen vom Esstisch aus das folgende Gespräch.

George: Hi. Ich bin George. 

Harald nach einer längeren Pause: Guten Abend.

George: Zunächst möchte ich mich in aller Form bei Ihnen und Ihren Lieben für die unerwartete Störung an diesem so persönlichen, herzerwärmenden und der Familie gewidmeten...

Harald unterbricht: Jaja, gut. Was gibt es denn?

George: Äh, und ich möchte Ihnen vorweg ein friedliches und gesegnetes Weihnachtsfest wünschen.

Harald wieder nach einer längeren Pause: Ja, danke.

George: Der Grund meiner Unterbrechung Ihrer Feierlichkeiten...

Harald unterbricht: Ihnen übrigens auch.

George: Bitte?

Harald: Na, also frohe Weihnachten, Ihnen.

George: Vielen Dank. Ich bin gerührt und fühle mich gleich ein wenig besser durch Ihre warmen Worte.

Harald: Aha. Danke.

George: Es geht um eine Bitte. Von mir, George, an Sie, ... 

Er wartet, ob Harald seinen Namen nennt, da dies aber nicht geschieht, setzt er fort. 

Würden Sie an diesem gesegneten Tag einer armseligen, einsamen Kreatur Einlass gewähren?

Harald etwas verwirrt: Ist Ihnen kalt? Haben Sie Hunger? Sind Sie krank? Sind Sie obdachlos?

George: Die Welt ist kalt. Kalt und hartherzig. Mein Herz krankt daran, und es hungert nach ein wenig Geborgenheit im Schoße einer richtigen Familie und nach einer Heimat unter friedvollen und glücklichen Menschen, die in den Traditionen des heiligen Festes Ihr wahres Zuhause gefunden haben. Als ich draußen an Ihrem Fenster vorbeistreunte, roch es so perfekt nach Weihnachtsplätzchen, mir stieg der heimelige Hauch Ihrer Tannennadeln in die Nase, und ich verspürte den Duft einer Gans im Ofen, wie sie ihn nur zu Weihnachten zu versprühen in der Lage ist. Da wusste ich: Sie machen alles richtig! Hier wohnt eine richtige Familie mit dem Herzen am rechten Fleck.

Harald: Aha. Ja. Friedvoll sind wir. Und wieso, ich meine warum, ich meine was, ich meine...

George: Ich bin ein einsamer Mann. George fühlt sich allein, verstehen Sie? So etwas wie eine richtige Familie ist mir verwehrt. Es ist Weihnachten. Verwehren Sie sie mir nicht auch, ich bitte Sie. In Gedenken an Seine Geburt.

Harald: Wessen Geburt?

Michael: Er meint Jesus. Was Religiöses, Papa. Egal.

Harald: Warten Sie bitte kurz.

Er nimmt die Tür und überlegt erkennbar, ob er Sie vor dem Mann zumachen, anlehnen oder offen lassen soll. Er entschließt sich, sie halb zu schließen.

Habt ihr das mitbekommen? Ein Obdachloser will, dass wir ihn reinlassen.

Hilde: Der hätte sich wirklich einen angenehmeren Tag aussuchen können.

Michael: Er hat doch gesagt, dass er sich gerade heute nach einer Familie sehnt.

Harald: Wieso tut er das?

Hilde: Er hat wahrscheinlich einfach Hunger. Obdachlose haben immer Hunger. Die kennen keine Feiertage. Die haben ja immer frei.

George öffnet die Tür ganz.

Michael: Was du meinst, sind Arbeitslose, Mama. Aber was soll´s, lassen wir ihn doch reinkommen. Wird vielleicht nett. Eine sympathische Abwechslung.

Hilde: Liebling, reg deinen Vater nicht auf.

Harald: Es zieht herein. Also was soll ich jetzt machen?

George putzt seine Schuhsohlen an der Türmatte ab, tritt ein und schließt die Tür hinter sich. 

Hilde: Ich weiß nicht. Aber entscheide bitte schnell, wir haben noch viel zu erledigen. 

Harald ungeduldig, aber auch unsicher: Also schick ich ihn weg?

Hilde: Und die Videokamera läuft schon die ganze Zeit. Willst du das wirklich alles mitfilmen?

Harald unwillig: Aber wo. Der Bub kann das alles ja zusammenschneiden. Ist ja ein großer Künstler. 

Trotzdem macht er sich an die Videokamera, drückt auf den Knopf, dann fällt ihm eine Funktion auf, die er noch nicht kannte, und er spielt ein bisschen daran herum. In der Zwischenzeit ist George am Esstisch angekommen.

George: Hi. Ich bin George.

Michael freut sich über die damit offenbar getroffene Entscheidung und streckt George seine Hand entgegen: Hi. Ich heiße Michael.

George: Das ist ja witzig. Ich bin entzückt. Zu Hilde: Gnädige Frau, ich danke Ihnen für den noch gnädigeren Einlass, und es ist mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen und den Heiligen Abend mit Ihnen zu verbringen. Sie retten mir wirklich das Leben. 

Hilde etwas zögerlich: Aber das ist doch selbstverständlich. Weihnachten ist die Zeit der guten Taten. Oder ist das Ostern, Liebling? Nein, ich glaube, es stimmt schon.

George: Dieses Jahr bedeutet mir das Fest ganz besonders viel, gnädige Frau. Es hätte mir das Herz gebrochen, Weihnachten heuer in Einsamkeit zu verbringen.

Hilde: Kann ich Ihnen was anbieten? Die Gans muss noch ein bisschen auskühlen, bevor sie servierfertig ist, aber ich habe jede Menge Weihnachtsbäckereien. Anisscheiben, Bauernbrotlaibchen, Butter...

Michael: Ich empfehle die Anisscheiben. Die schmecken hervorragend und ersparen mir jede Menge Peinlichkeiten. Und ja, es ist unkonventionell, unmittelbar vor dem Abendessen Süßigkeiten in sich hineinzustopfen, aber ich rate zu unbedingtem Gehorsam zu Ihrem eigenen Besten.

George: Dem jungen Mann ist anzusehen, dass er einen exquisiten Geschmack besitzt. Ein paar Anisscheiben, sozusagen als Aperitif, würden mich sehr glücklich machen. 

Hilde macht sich auf die Suche nach den richtigen Plätzchen.

Sie filmen?

Harald: Ich habe mir dieses Jahr eine neue Kamera gekauft.

George: Wirklich?

Harald: Na ja, wissen Sie, nach fünfundzwanzig Jahren. Man muss ja mit der Zeit gehen. 

Er lacht kumpelhaft. George lacht höflich mit.

Eine Toshiba P10 Camileo. Auch nicht mehr die neueste, aber dafür nur 99 Euro. Die hat einen viel behutsameren Zoom, ist digital und bietet Fernsehqualität.

George: Und Sie fertigen ein Heimvideo an? Das ist ja reizend.

Harald: Dass man halt eine Erinnerung hat.

Michael ironisch entschuldigend: Wir machen das jedes Jahr. Und überraschenderweise sieht es immer irgendwie gleich aus, außer dass die Personen älter geworden sind. Aber das ist eigentlich egal, weil sich die Meisterwerke nie jemand ansieht.

Harald: Mein Sohn ist ein großer Dichter. Jetzt kann er damit einen künstlerischen Hollywoodfilm drehen und berühmt werden. Nicht wahr, Bub?

Michael ignoriert ihn: Darf ich Ihnen eine persönliche Frage stellen, George?

George: Nur zu, mein Freund.

Michael: Sind Sie George Michael?

George: Der bin ich.

Michael: Dachte ich es mir doch. Begeistert: Und darf ich du sagen?

George: Ich bin Engländer. Mir ist das egal.

Michael noch begeisterter: Und ist dir bewusst, dass du dir hier gerade ziemlich unverschämt und ungeladen Zutritt verschafft hast?

George: Wieso das?

Michael: Du wurdest nicht hereingebeten.

George: Oh, tatsächlich? Na ja, kann passieren. Ich bin Engländer. Mein Deutsch ist ein wenig mangelhaft...

Black. Ende der Szene

In Blog, Autor Tags Stuthe, Theater, Pop

JUNG GEBLIEBEN

October 25, 2014 Martin Pesl
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Kammerspiele: Helen Zangerle, Georg Gogitsch und Peter Michael Kellner in „Plasmodium Vivax“ ©  Martin Thomas Pesl

Das alloktoberliche Festival für Kurztheater, MIMAMUSCH in Ottakrings Ragnarhof, war immer etwas, wo man gar nicht erst hingehen musste, um sagen zu können, dass es großartig ist. Allein das Theaterpuff-Konzept leuchtete ein: Schauspieltruppen biedern sich über die ganze Nacht verteilt beim Publikum an, locken die Besucher in Separees und bieten ihnen dort ihre Künste feil. Der Künstler als Gürtelhure, die Gage Verhandlungssache. So demütigend wie die ganze Kunstszene, die Idee so dreckig und anregend wie der Ragnarhof selbst – und das reale Glückserlebnis (wenn man denn doch hingeht) freilich Glückssache. Man wird immer Besseres und Schlechteres sehen.

In den letzten Jahren hat sich das Festival zunehmend etabliert, ist zur Selbstverständlichkeit für Menschen geworden, die der freien Szene angehören und somit sicher irgendwen kennen, der irgendwen kennt, der da mitmacht. Dieses Jahr wollte man eigentlich den Raum wechseln, ist dann aber im Ragnarhof geblieben und hat dafür die zunehmende Dezentralisierung der tatsächlichen Theaterspielorte schriftlich verbrieft, gibt jetzt Spielpläne aus, die zeigen, wo welche Gruppe welches Stück spielt und wer an diesem konkreten Tag pausiert. Im „Haupthaus“ selbst finden nur noch der gewohnt verr(a)uchte Barbetrieb und der zentrale Musik- oder Kabarettact statt, auch jetzt wieder der, wie ein kurzer Blick mit angehaltenem Atem zeigt, bestbesuchte Ort. 

Die Kurzschauspiele haben ihre eigene, entspanntere Publikumsakquisedramaturgie entwickelt: An den teils einige hundert Meter vom Zentrum entfernten Spielorten wird nie gleichzeitig gespielt, man wartet ab, bis die Kollegen fertig sind und lädt deren Publikum dann gleich zum Bleiben ein. Das ist schade, weil es den aussagestarken MIMAMUSCH-Urkampf der Künstler um ihre zahlenden Zuschauer unterläuft (auch weil die Spielenden dadurch insgesamt wohl kaum mehr verdienen können als früher (wobei, man überschätze nicht die Armut der Künstler: nur einen Hunderter dabeizuhaben heißt nicht, dass man sich den Eintritt spart – zum Wechseln haben sie genug!)). Der Vorteil für den Zuschauer: Er sieht ohne große Leerläufe in kurzer Zeit tatsächlich viel Drama, Baby.

Kaum angekommen werde ich zum Beispiel in die erste hoch aufgeladene Szene bugsiert: In „Plasmodium Vivax“ von Bernd Watzka wird ein vermeintlicher Arzt, der Heimkinder Malariaexperimenten aussetzte, zur Rache von den Opfern gequält. Das Stück folgt am bravsten dem heurigen Festivalmotto „Nicht Opfer, sondern Täter“, ist natürlich eine Spur zu gruselernst, wird aber unerwartet prompt von einer Art Publikumsdiskussion abgelöst, weil es auf wirklich in Österreich stattgefundenen Experimenten beruht.

Die logisch aus dem Konzept folgende Durchwachsenheit des Programms zeigt sich auch dieses Jahr. „Die Auferstehung“ (Alternativtitel: „THE FREAK SHOW“) von Marcus Josef Weiss und Stefan Ried nennt sich Film-Noir-Theater und ist die aufgeblasene Sadomaso-Rache einer hypererotischen Venus ohne Pelz an einem Typen, der ihre Freundin verlassen hat, oder so. Natürlich endet alles hochdramatisch, wer in kurzer Zeit ein Stück erzählt, muss halt auch besonders schnell den Bogen zum Höhepunkt spannen. Oder sich den Bogen einfach schenken wie in „Das Konzert“ (überraschenderweise auch von Weiss und Ried) vier überkandidelte Damen, die ihr Bedauern angesichts des Ausfalls eines ebensolchen musikalisch, witzig und gut orchestriert zum Ausdruck bringen.

Das richtige Auseinanderklaffen von Realität und ihr entgegengebrachter Emotion ist dann auch das Erfolgsrezept von „Super Markt“ (Text: Teresa Dopler, Regie: Mirza Prince). In einem grellbunten Raum, ganz dicht am Zuschauer süffeln physisch groteske Gestalten Champagner, der offensichtlich Mineralwasser ist, und erfreuen sich panisch-manisch an der Tatsache, dass sie es geschafft haben, sich (wie die Familie Putz, die aber zum Glück hiermit nichts zu tun hat) in einem Kaufhaus niederzulassen. Text, Regie und ohne jede Glätte und Zurückhaltung agierende Schauspieler (Magdalena Plöchl, Michaela Adelberger, Manuel Prammer) machen dieses Kurzstück zu einem Moment, wie er nur in einem Format wie MIMAMUSCH möglich ist. Nicht mehr und nicht weniger will man davon sehen.

Und falls ich anfangs dachte, dieses Festival könnte sich überprofessionalisiert haben, beruhige ich mich spätestens dann, als gegen elf die Polizei eine Lärmbeschwerde übermittelt und die Betriebsanlagengenehmigung sehen will. MIMAMUSCH ist also doch jung geblieben.

Noch am 25. und 31. Oktober und 1. November im Ragnarhof

www.mimamusch.at

 

In Blog Tags Theater, Kritik, Bericht

HERAUSRAGENDE BIRNE

October 18, 2014 Martin Pesl
Vor der Preisverleihung ragt noch nichts heraus. © Martin Thomas Pesl

Vor der Preisverleihung ragt noch nichts heraus. © Martin Thomas Pesl

Am 17. Oktober wurde zum achten Mal der STELLA, der jährliche Preis der ASSITEJ AUSTRIA für darstellende Kunst für junges Publikum in Österreich vergeben. Die Zeremonie fand im Tiroler Landestheater Innsbruck statt, nachdem die nominierten Produktionen eingebettet in ein Rahmenprogramm fünf Tage lang einem gutgelaunten Festivalpublikum gezeigt worden waren.

Ich war auch da, denn man hatte mich gefragt, ob ich eine Position in der nationalen Jury für die nächstjährigen Nominierungen übernehmen möchte.
„Aber ich bin kein Experte für Kinder- und Jugendtheater.“
„Genau das finden wir gut.“
„Ich habe so etwas noch nie gemacht.“
„Super.“
So gestaltete sich der Weg zu meiner Zusage.

Nachdem ich also vor allem in Wien schon einige Premieren der beginnenden Saison gesichtet hatte, stieß die Konfrontation mit dem aktuellen Preisprocedere, mit den Protagonisten der Szene und vor allem mit den Vorgängerjurys für mich mit einem Schlag ein neues Universum auf. Ein paar weiße Flecken auf der Wer-wo-mit-wem-und-warum-Landkarte konnte ich ausmalen. Mit meinen Mitjurorinnen aus Vorarlberg und der Steiermark konnte ich mich erstmals umfassend absprechen. Dass ich mir über meine fehlende Kindlichkeit und meine zur Genüge verblasste Jugendlichkeit keine Sorgen in Bezug auf mein Urteilsvermögen machen muss, dämmert mir mittlerweile auch. Theater für junges Publikum ist 2+ oder 4+ oder 13+, aber eigentlich nicht 2–4 oder 13–16, sondern höchstens mal 4–99, was ich auch bei Brettspielen immer schon diskriminierend fand (kein Wunder, wenn Hundertjährige aus dem Fenster steigen und verschwinden). Gutes Theater für junge Menschen ist einfach gutes Theater.

Die nationalen STELLA14-Juroren jedenfalls haben es geschafft, uns durch vorbildliches (um nicht zu sagen streberisches!), teils mehrfaches Sichten einer Rekordzahl von 166 Produktionen und durch eine Auswahl höchst unterschiedlicher Stücke auf hohem Niveau gehörig einzuschüchtern. Je vier Produktionen aus den Kategorien „für Kinder“ und „für Jugendliche“ wurden dann einer internationalen Jury gezeigt, die mich wiederum durch ihre beredte Verschwiegenheit bei Diskussionen vor der Preisvergabe beeindruckte. Bei einem Symposium hielten sie Impulsreferate über Qualitätskriterien am Theater, ohne durchklingen zu lassen, wer denn hier diesen Kriterien entsprochen hatte. Dafür rissen sie Fragen an wie: Was heißt eigentlich „herausragend“? Und: Kommt die Gegenüberstellung von Schauspiel durch ausgebildete Profis und Schauspiel durch gut geführte Jugendliche nicht einem Vergleich von Äpfeln und Birnen gleich?

Das von Tirol und Innsbruck und verschiedenen (faszinierenden!) Spielorten in the middle of nowhere unterstützte Festival mündete dann in der Vergabe des Kinderpreises an „Heidi“ vom Theater des Kindes in Linz und des Jugendlichenpreises an „Moby Dick“ von der Theaterfabrik Weiz. Einen Sonderpreis bekam Myrto Dimitriadou vom Salzburger Toihaus, die Preise für herausragende Ausstattung und herausragende Musik gingen an zwei verschiedene Arbeiten von makemake produktion, und das dreiköpfige Tanzensemble des Dschungel Wien heimste die Trophäe für die beste Darstellung ein – im Rahmen einer Gala übrigens, deren veranstaltungsinhärente Peinlichkeiten erfrischend minimal blieben, bei der Kulturminister Josef Ostermayer durchgehend anwesend war und einander Momente der Komik und der Rührung ausbalancierten.

Ich freue mich darauf, ganz viel Theater anzusehen. Ich freue mich darauf, nicht währenddessen im Kopf schon beschreibende Formulierungen, die dem Abend gerecht werden, kneten zu müssen, sondern mich im ersten Moment auf ein Ja/Nein/Vielleicht beschränken zu können (in weiterer Folge ist eine tiefgehende Auseinandersetzung, vor allem mit den anderen Jurorinnen dann freilich essenziell). Ich freue mich darauf, Fragen von Künstlern nach Feedback getrost ausweichen zu dürfen, um ihnen keine falschen Hoffnungen zu machen. Ich freue mich auf ein verrücktes Jahr. Und das Theater für altes Publikum wird mir nachsehen, wenn ich es im Verhältnis ganz leicht (eh nur: ganz leicht) vernachlässige.

www.assitej.at

In Blog Tags Theater, STELLA, Jury, Innsbruck, Kulturpolitik

DER WAL ZUR WAHL

October 5, 2014 Martin Pesl
© Urlaubslektüre: Heinrichs Steinfests ziemlich sicher nicht Buchpreis-gekrönter&nbsp;„Allesforscher“

© Urlaubslektüre: Heinrichs Steinfests ziemlich sicher nicht Buchpreis-gekrönter „Allesforscher“

Wenig ist sicherer, als dass Heinrich Steinfests Roman „Der Allesforscher“ den Deutschen Buchpreis 2014 morgen Montag nicht gewinnen wird. Des Österreichers Ausflug aus dem skurrilen Krimifach in ein Gefilde, das sich erst nach längerem Lesen ins skurrile Romantikfach einordnen lässt, ist zu sehr Überraschungskandidat auf der Shortlist, um tatsächlich auch als Überraschungssieger hervorzugehen. Man stellt sich vor, wie die Jury diese sechste Nominierung eigentlich gar nicht vergeben wollte, sich nicht so recht einig war und dann aber das eigene leicht verstörte Schmunzeln zum Anlass nahm, diesem eben keineswegs alles erforschenden, sondern sehr individuellen Werdegang eines Mannes vom Profimanager und Hürdenläufer zum Hobbyvater und Hobbykletterer einen Aufmerksamkeitsboost zu verpassen.

Umso seltsamer, dass das schon im Frühjahr erschienene Buch bei Thalia zuletzt kaum zu finden war. Als ich es dann doch fand, war ich wirklich überrascht: Es fand sich bei den österreichischen Gegenwartsautoren und ging mit seinem kleinteilig-schrulligen Cover völlig unter. Kein Aufkleber: „Shortlist Deutscher Buchpreis!“, keine Vorrückung auf die mariahilferstraßennahen vorderen Quadratmeter. Ich dachte, ich lese das Werk eines Quereinsteigers in den Literaturbetrieb, der selbst nicht weiß, wie ihm geschieht. Aber Steinfest wird wohl standfest in seiner Nische bleiben, der Nische des „Detailromantikers“, wie er sich nennt, der im Cheng-Krimi wie in seiner sonstigen Welt durch präzise Sprache und manchmal ein bisschen liebevolles Obergescheitsein besticht.

Schade eigentlich, denn es ist ein gutes Buch. Bis zur Hälfte hätte ich sogar gesagt: ein famoses Buch. Es wird von einem Mann namens Sixten Braun erzählt, der zweimal hintereinander knapp dem Tod entrinnt und dann sein Leben trotzdem nicht umkrempelt. Im Detail jedoch wird es von einem Mann erzählt, den ein platzender toter Wal in Taiwan ausknockt (angeblich gibt es sowas wirklich) und dem in weiterer (in sehr viel weiterer) Folge ein kleiner Bub zur Vaterschaft untergejubelt wird, der eine Sprache spricht, die sonst niemand spricht. Das Besondere hier ist die Art und Weise, wie derlei Kuriositäten sich in John-Irving-Manier (ein Autor, der im Text sogar vorkommt und eindeutig seine Spuren bei Steinfest hinterlassen hat) nahezu selbstverständlich ins Leben des Protagonisten einfügen, der damit gut argumentiert, umgeht, sie lieber beschreibt als etwas zu unternehmen. Denn Sixten Braun unternimmt wenig. Die Dinge passieren ihm. Der romantische Autor ist eben auch heutzutage einer, der dazu steht, das Leben seiner Figuren völlig unter Kontrolle zu haben.

So passiert eben auch das mit dem Kind. Simon heißt es, und Sixtens große Liebe Lana, die er aus geheimnisvollen Gründen selbst beim Sex nicht ganz ausziehen durfte, hat ihn vor ihrem Tod zur Welt gebracht. Aber Sixten forscht nicht nach, er bleibt ein Nichtsforscher mit positiver Grundhaltung, der die Dinge schon irgendwie meistern wird. Ein tröstlicher Zug, der die Lektüre mit leisen Dur-Melodien umschmeichelt – das wird Heinrich Steinfest freuen, denn er beschreibt am Anfang, wie schade er es findet, dass Filme Musik haben, Bücher aber nicht. Das führt aber auch dazu, dass sich manche Rätsel nicht ganz auflösen und dass in der dünnen Luft  der Tiroler Berge, in die die Protagonisten (später dann eine ganze Familie) aufsteigen, manch einer lieblichen, auch spirituell-esoterischen Detailschrulle der Atem ausgeht. Man kommt dann eben aus dem Staunen doch noch heraus.

Wenn sich der Roman auch anders entwickelt als in der dichten ersten Hälfte vermutet, so mündet er doch in eine Zen-Gelassenheit, wie sie gar nicht mehr so leicht hinzukriegen ist. Gut gemeint kann also doch auch gut sein. Viel gut. Feel good.

 

In Blog Tags Roman, Buch, Rezension, Sprache
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